«Hit Me Hard and Soft»: Das neue Album von Billie Eilish

VonLukas Richter

17. Mai 2024
Ein eingespieltes und erfolgreiches Team: Finneas O'Connell und Billie Eilish. Mit ihrem Barbie-Song «What Was I Made For?» wurden die beiden mit einem Oscar ausgezeichnet. Foto: Jordan Strauss/AP/dpaEin eingespieltes und erfolgreiches Team: Finneas O'Connell und Billie Eilish. Mit ihrem Barbie-Song «What Was I Made For?» wurden die beiden mit einem Oscar ausgezeichnet. Foto: Jordan Strauss/AP/dpa

Die meistgestreamte Spotify-Künstlerin weltweit in den Jahren 2019 und 2020, Inhaberin von neun Grammys und zwei Oscars als jüngste Preisträgerin, sowie zahlreiche Gold-, Silber- und Platin-Schallplatten – hinter diesen beeindruckenden Auszeichnungen und Superlativen stehen zwei Geschwister aus Los Angeles. Billie Eilish und ihr Bruder Finneas haben die Musikwelt in den letzten fünf Jahren revolutioniert und bereits zu Beginn ihrer Karriere nahezu alles erreicht, wovon langjährig etablierte Musikerinnen und Musiker nur träumen können.

Die 22-jährige Sängerin und Songwriterin steht im Rampenlicht, während ihr älterer Bruder sie als Produzent, Songwriter und Musiker aus dem Hintergrund unterstützt. «Die Liebe, das Vertrauen und die Intimität zwischen den beiden ist besonders», sagt die Musikwissenschaftlerin Jessica Holmes von der Universität Kopenhagen. «Darin sehe ich auch einen Grund für ihren großen Erfolg.»

Dieser These stimmt Derek von Krogh, künstlerischer Leiter der Popakademie Baden-Württemberg, zu: «Man merkt, dass da nicht viel von außen kommt, sondern die beiden gemeinsam ihr Ding machen.»

Am Freitag, dem 17. Mai, veröffentlicht Billie Eilish ihr drittes Album mit dem Titel „Hit Me Hard and Soft“. Es gibt keine Singleauskopplungen und auch keinen Vorab-Stream für die Presse. Lediglich einige wenige Audioschnipsel, die online zu finden sind, und einige auf dem Coachella-Festival angespielte Tracks geben einen Hinweis auf die musikalische Richtung des neuen Albums.

Düstere Chorstimmen und ein verstimmtes Klavier

Der Track „Chihiro“, der möglicherweise auf den Filmklassiker „Chihiros Reise ins Zauberland“ anspielt, bietet einen typischen Eilish-Mix aus tanzbarem Beat und sanftem Gesang, ähnlich wie in „All the Good Girls Go to Hell“. Andere Songausschnitte, die Fans dem angekündigten Lied „Bittersuite“ zuschreiben, wirken atmosphärisch düster mit Chorgesang, einem verstimmt klingenden Klavier und dunklen Beats im Hintergrund.

Der Song „Lunch“ könnte besonders interessant werden, in dem die Künstlerin zu einer markanten Basslinie fast unschuldig Zeilen flüstert wie: „I could eat that girl for lunch“ (Ich könnte dieses Mädchen zum Mittagessen verschlingen).

In einem Interview mit dem Musikmagazin «Rolling Stone» sagte die 22-Jährige gewohnt selbstbewusst und entwaffnend ehrlich: «Ich war schon mein ganzes Leben in Mädchen verliebt, ich habe es nur nicht verstanden – bis ich letztes Jahr gemerkt habe, dass ich gerne mit meinem Gesicht in einer Vagina wäre.» Ein wenig leiser gab die junge Frau jedoch später zu, dass ihr vorheriges Outing auf einem roten Teppich im Dezember nicht geplant war und sie dazu tendiere, zu viele Dinge aus ihrem Privatleben mit der Öffentlichkeit zu teilen.

«Eilish braucht kein Queerbaiting»

Einige haben Billie Eilish in der Vergangenheit des sogenannten Queerbaitings beschuldigt, also der absichtlichen Vermarktung einer nicht existierenden Queerness. Musikwissenschaftlerin Holmes ärgert sich über solche Anschuldigungen: «Eilish braucht kein ‚Queerbaiting‘, um ihre Platten zu verkaufen. Das ist eine extrem sexistische, unfaire Kritik.» Die Künstlerin sagte selbst, niemand solle unter Druck gesetzt werden, sich labeln zu müssen. «Ich finde doch gerade selbst erst heraus, wer ich bin.»

Dieser Pfad scheint Eilish zurück zu ihrem legendären Debütalbum „When We All Fall Asleep, Where Do We Go?“ aus dem Jahr 2019 zu führen, und somit auch zu dunklen Themen wie Depressionen und Ängsten. In einem Interview äußerte Eilish, sie habe das Mädchen gesucht, das sie einst war.

Das düster gestaltete Albumcover, das Billie Eilish allein unter Wasser darstellt, bildet ebenfalls eine Verbindung zu ihrem Erstlingswerk. Holmes sagt: «Wir sehen in der Bildsprache eine Kontinuität mit einigen Bildern, die wir von früher kennen: Billie allein in lebensgefährlichen Situationen, eine unbekannte Gefahr außerhalb des Bildes bedroht sie.»

Auch die Kalligrafie der beiden Alben ist auffällig ähnlich. Zehn Lieder stehen auf der Trackliste von «Hit Me Hard and Soft», welche wie der Titel selbst allesamt in Großbuchstaben verfasst sind. «Das ist besonders spannend, weil wir Billie Eilish als eher leise Sängerin mit weicher Stimme kennen», sagt Holmes. Sie sei jedoch auch für Kontraste bekannt. «Vielleicht ist es auch ein: ‚Triff mich hart mit den Großbuchstaben und weich mit der Stimme’».

«Egal in welche Richtung das neue Album geht, es wird auf jeden Fall nicht langweilig», ist sich von Krogh sicher, was das Werk der beiden Geschwister Billie und Finneas betrifft. «Solche Kunst tut der Welt einfach gut. Ich wünsche den beiden alles Glück der Welt.»

Quellen: Mit Material der dpa.