München (dpa) – Wer in den 1980ern jung war und fernsah, erinnert sich wohl an die Kindersendung «Hallo Spencer» und deren Moderator, eine Klappmaulpuppe mit Schiebermütze. Noch 2024 kommt beim ZDF eine maßgeblich von Entertainer Jan Böhmermann forcierte Produktion namens «Hallo Spencer – Der Film» raus (Premiere beim Filmfest München am 2.7.).
Der Film reiht sich ein in einen Nostalgie-TV-Trend, den schon RTL mit dem warmherzigen «Pumuckl»-Revival bediente und weiter bedient. Es ist in diesem Fall sehr deutsches Nostalgie-Fernsehen, eben keine Muppets oder Fraggles.
International wirkt der Bewegtbildmarkt – von Hollywoodstudios bis Streaming-Giganten – derzeit oft so, als würde er vor allem Nostalgie-Trigger herstellen wollen. Man denke an die oft selbstbezogenen Produktionen rund um «Star Wars», «Star Trek», das Marvel Cinematic Universe, Harry Potter, aber auch an «Stranger Things» oder den Kinohit «Barbie».
Oft nervt das Gerede zwar von den angeblich in sich gleich tickenden Generationen (etwa «Boomer» oder «Gen Z»). Doch bei Sehgewohnheiten gibt es in der Tat oft einige Gemeinsamkeiten innerhalb einer Alterskohorte. Man spricht auch von Medien-Nostalgie (Filme, Serien, Hörspiele, Games, Musik, Bücher), wenn etwas gezielt konsumiert wird, um Erinnerungen an die Erstrezeption oder bestimmte Emotionen hervorzurufen.
Wer jedenfalls Pumuckl und Spencer wiederbelebt, will die Kinder der 80er und 90er abholen – die späten Jahrgänge der Generation X (1965 bis 1980 geboren) und die frühen Jahrgänge der sogenannten Generation Y (1981 bis 1995).
«…da bin ich wieder, euer lieber guter alter Spencer!»
Fernsehmacher hofieren also die Millennials («Jahrtausender»). So werden die Menschen der Generation Y («Gen Y») auch oft genannt. Viele von ihnen können auswendig, was Spencer in der Puppenserie (1979 bis 2001) stets zu Beginn sagte: «Hallo, liebe Leute, von A bis Z, von eins bis hundert, von Norden bis Süden, von Osten bis Westen, da bin ich wieder, euer lieber guter alter Spencer!» Liebgewonnen hatten damals viele auch Figuren wie den Jungdrachen Poldi («Ich will dir fressen»), den gutmütigen Kasimir und den Bücherwurm Lexi.
Zu jenen Leuten gehört wohl auch der 1981 geborene Satiriker Böhmermann, der die ursprünglich bei NDR und ARD gelaufene Serie als moderne Filmkomödie nun zum ZDF holt.
Auch bei der Wiederbelebung vom Pumuckl geschah ein Senderwechsel (weg von BR und ARD hin zu RTL). Der Schauspieler Florian Brückner ersetzt den 1993 gestorbenen «Meister Eder»-Darsteller Gustl Bayrhammer als menschlichen Bezugspunkt für den Kobold mit dem roten Haar. Maxi Schafroth spricht die Stimme, ersetzt den 2005 gestorbenen Hans Clarin.
«Das Fernsehen nutzt seit einiger Zeit den Nostalgie-Effekt gegen die Konkurrenz der Videostream-Plattformen», sagt die Medienwissenschaftlerin Joan Bleicher. Die Rezeption vertrauter Inhalte, kombiniert mit neuer Darstellungstechnik und neuen Storys, werde als positives emotionales Erlebnis gewertet. «Pumuckl oder „Hallo Spencer“ fungieren als mediale Variante von Prousts Madeleines, die uns unsere Kindheit, unser früheres Leben in Erinnerung rufen», meint Bleicher von der Uni Hamburg. «Es sind vor allem die Erinnerung an normale Zeiten, die sich mit den alten vertrauten Formaten verknüpfen lassen.» Autor Marcel Proust hatte in seinem Roman «Auf der Suche nach der verlorenen Zeit» seine Hauptfigur in ein Madeleine-Gebäck beißen lassen, was im Buch einen Rausch von Erinnerungen auslöst.
Aus Sicht der Programmplanung biete die Ausstrahlung erfolgsbewährter Angebote aus der Vergangenheit mehr Quotensicherheit als innovative Sendungsideen, sagt Professorin Bleicher. Die seien oft teurer und bräuchten zudem mehr Zeit, um sich durchzusetzen.
Kosten und Mühen wurden aber zumindest bei den Projekten Spencer und Pumuckl keine gescheut. Für Pumuckl wurde etwa am Stadtrand von München in einer alten Industriehalle die einst abgerissene Schreinerei vom Meister Eder originalgetreu nachgebaut. Wer die Serie schaut, kann kaum glauben, dass der Innenhof, den Millionen noch im Kopf vor Augen hatten, jetzt nur ein Nachbau mit künstlichem Himmel im Studio ist.
Pumuckl kommt wegen Erfolgs zurück – ins TV und Kino
Nachdem RTL rund um Weihnachten mit der Serie «Neue Geschichten vom Pumuckl» Erfolge feiern konnte, gab es im Juni jetzt die Ankündigung, dass es mit dem aufwendig gemachten Schabernack weitergeht. Geplant ist neben einer zweiten Staffel mit 13 Folgen auch ein Kinofilm. Bei beiden Produktionen führt erneut Marcus H. Rosenmüller Regie.
Die Serien-Fortsetzung wird voraussichtlich Ende 2025 zuerst beim Streamingdienst RTL+ und später bei RTL und auch im ORF laufen. Der Kinofilm mit dem Arbeitstitel «Pumuckl und das große Missverständnis», der eine eigene, abgeschlossene Geschichte rund um den Kobold und Florian Eder erzählt, soll ebenfalls 2025 starten.
Ob auch beim ZDF-Projekt «Hallo Spencer» eine Fortsetzung – ein Hello again – folgt, wird sich in den kommenden Wochen und Monaten zeigen.
Quellen: Mit Material der dpa.