Beth Gibbons‘ Solo-Debüt: Eine musikalische Rückschau voller Tiefgang und Innovation

VonLukas Richter

18. Mai 2024
Beth Gibbons blicht auf ihr Leben mit all seinen Höhen und Tiefen zurück. Foto: Netti Habel/Domino Records/Goodtogo/dpaBeth Gibbons blicht auf ihr Leben mit all seinen Höhen und Tiefen zurück. Foto: Netti Habel/Domino Records/Goodtogo/dpa

Nachdenklich, manchmal verstörend, aber auch wohltuend harmonisch: Die Sängerin und Songwriterin von Portishead, Beth Gibbons, präsentiert ihr erstes Solo-Album. Die 59-jährige Britin aus dem West Country nutzt die Platte mit dem Titel «Lives Outgrown» als Rückblick auf ihr bisheriges Leben mit all seinen Höhen und Tiefen – inklusive einer Neuausrichtung. Das hörbar ausgeruhte Album umfasst zehn Songs, für die Gibbons sich ein ganzes Jahrzehnt Zeit genommen hat.

Thematisch dreht sich das Album um Mutterschaft, Ängste, Wechseljahre und den Verlust geliebter Menschen. Gibbons greift diese Themen jedoch behutsam auf: Ihre subtilen Texte lassen Raum für Interpretationen und Assoziationen. Musikalisch bietet das Album eine erfrischend eigenwillige Mischung, die keine Rücksicht auf Konventionen nimmt, aber dennoch einige eingängige Songs enthält.

Die Single «Floating On A Moment» bewegt sich zwischen einer von Bassgitarre und Back Vocals getragenen Musik, die ein Gefühl der Geborgenheit vermittelt, und einem Text, der unbarmherzig auf die vielen Ungewissheiten unseres Daseins und die eine große Gewissheit, den Tod, hinweist: «I’m floating on a moment, don’t know how long / No one knows, no one can stay / All going to nowhere (nowhere) / All going, make no mistake».

Das Album klingt insgesamt harmonisch, ist aber auch von Dissonanzen durchzogen. Gibbons und der frühere Talk-Talk-Drummer Lee Harris, der bei dem Album mitgewirkt hat, experimentierten mit improvisierten Instrumenten wie mit Erbsen gefüllten Tupperdosen und anderen Alltagsgegenständen, die als Trommeln dienten.

Auf der Suche nach ungewöhnlichen Klängen brachte sie auch den Musikproduzenten James Ford (u.a. Arctic Monkeys) dazu, die Saiten eines Klaviers mit einem Löffel anzuschlagen. Der resultierende Klang ist nicht perfekt, offenbart aber eine Tiefe und Substanz, die großes Können zeigt, wie beispielsweise bei dem melancholischen Song «Burden of Life».

Über die Erfahrungen, die in das Album eingeflossen sind, sagt Gibbons: «Wenn man jung ist, weiß man nie, wie es ausgeht, man weiß nicht, wie es weitergehen wird. Man denkt: Wir werden das schon überstehen. Es wird besser werden.» Doch manches sei schwer zu verdauen. Trotzdem ist Gibbons aus dem Prozess der Rückschau gestärkt hervorgegangen: «Jetzt, wo ich das andere Ende hinter mir gelassen habe, denke ich, dass man einfach mutig sein muss.»

Quellen: Mit Material der dpa.