«Mad Max» hat bewiesen, dass Filme nicht unbedingt eine ausgefeilte Handlung erzählen müssen, um überzeugen zu können. In der bereits lang fortbestehenden Filmreihe von George Miller herrschen Verbrecherbanden in einer postapokalyptischen Wüste – einer Welt des Wahnsinns aus spektakulären Stunts, ikonischer Ausstattung, unzähligen Crashszenen und ungewöhnlich turbulenten Kamera-Perspektiven. Aus all dem schuf Miller ein Franchise mit Legenden-Status, das ihm für den vierten Film der Reihe 2016 sechs Oscars einbrachte. Mehr denn je war der neueste Film der Reihe anhand des Kult-Status und einer galanten Star-Besetzung wie gemacht für das Filmfestival in Cannes. Dort feierte der fünfte Teil nun Premiere – wie auch schon sein Vorgänger 2015.
Was im neuen «Mad Max» anders ist
In «Furiosa: A Mad Max Saga» steht erstmals in der Reihe eine Frau im Zentrum des Films. Doch das ist nicht die einzige Neuerung nach der neunjährigen Pause seit dem letzten «Mad Max». Der Film bietet weniger Action als sein Vorgänger – legt dafür aber mehr Wert auf die Handlung und dürfte somit einige Franchise-Liebhaber überraschen. Diese Veränderung im Ton könnte derweil einige verärgern und viele andere aber auch erfreuen. Außer Frage steht jedoch, dass es George Miller wieder gelungen ist ein wildes Epos auf die Kinoleinwand zu bringen, welches mit einem nach wie vor einmaligen und atemberaubendem Set-Design beeindruckt.
Darüber hinaus wissen die Stars Anya Taylor-Joy («Das Damengambit») und Chris Hemsworth («Thor») in den Hauptrollen zu überzeugen und sich in Millers verrückte Vision perfekt einzufinden. Natürlich verhalfen beide Stars auch am Mittwochabend in Cannes mit dem gewissen Hollywood-Glamour dem Film zu maximaler Aufmerksamkeit. Fleißig gaben sie den dutzenden Fans an den Absperrungen Autogramme und machten Selfies, bevor das Publikum im Festivalpalast den Film endlich sehen konnte.
Millers apokalyptische Welt für «Mad Max» entspricht vielleicht genau der, welche sich Pessimisten für uns in ein paar Hundert Jahren ersinnen. Eine Welt, die von ein paar wenigen Leuten verstreut in der Wüste bewohnt wird und von einem erbitterten Kampf um Ressourcen geprägt ist. Hier lebt Furiosa, die Protagonistin des Films, dieses Mal verkörpert von Anya Taylor-Joy, nachdem Charlize Theron im letzten Teil die etwas ältere Furiosa spielte. Der Film erzählt ihre frühe Geschichte, wie sie als Kind von dem Warlord Dementus (Hemsworth) und seiner Biker-Horde aus ihrer Heimat entführt wird. Dafür sinnt sie nach Rache und will darüber hinaus nach Jahren der Gefangenschaft zurück zu ihrer Familie.
Auch in der dramaturgischen Struktur unterscheidet sich der neueste Film von den von Kritik und Publikum gefeiertem Vorgänger «Mad Max: Fury Road» mit Tom Hardy. Denn dieses Mal umspannt die Geschichte nicht wenige Tage, sondern ungefähr 15 Jahre.
Nach ihrer Entführung fahren Furiosa und Dementus zunächst durch die Wüste und stoßen auf den aus dem Vorgängerfilm bekannten Warlord Immortan Joe. Nur er hält die einzige Wasserquelle im Ödland unter seiner Kontrolle. Während die beiden Tyrannen Dementus und Immortan Joe folglich um die Vorherrschaft in der Region kämpfen, muss Furiosa alle möglichen lebensgefährlichen Herausforderungen meistern, während sie alles daransetzt, nach Hause zu fliehen.
So füllen Hemsworth und Taylor-Joy ihre Rollen aus
Hemsworth verkörpert den Bösewicht Dementus lustig-flamboyant. «Wir dürfen nicht weich sein – damit wir in der Einöde überleben», mahnt er an einer Stelle. Seine Figur wird indessen von zwei Gesichtern bestimmt: So metzelt der Warlord gnadenlos seine Widersacher ab, zu denen auch Furiosas Mutter gehört. Gleichzeitig trägt er aber auch stets einen kleinen Teddybären bei sich. Was es mit dem Kuscheltier auf sich hat, klärt sich erst an späterer Stelle im Film.
Wie schon Tom Hardy im letzten Film spricht auch Taylor-Joy über lange Strecken des Films aus bestimmten Gründen nicht und muss deswegen viel allein über ihren Blick transportieren – was ihr gut gelingt.
Imposante Wüsten-Bilder und analoge Stunts
Ein Film wie «Furiosa» ist gerade im heutigen Streaming-Zeitalter wichtig, da er daran erinnert, warum man gerne ins Kino geht. Die Zuschauerinnen und Zuschauer dürfen imposante Weitwinkel-Bilder einer Wüstenlandschaft erwarten, die es einem jeden leicht machen in diese Welt vollkommen einzutauchen. Mit viel aufgewirbeltem Sand und phänomenalem Einsatz von Licht, das das Ödland in Orange, Beige, ausgeblichenes Rosa oder dunstig-blaue Farben taucht, erscheint die Wüste überdies auch keinesfalls eintönig.
Zwar konzentriert sich der Film in seiner fünften Fortsetzung etwas mehr auf seine Handlung und spannendere Charaktere. Brachiale Action mit kreativ gestalteten Fahrzeugen gibt es aber auch noch weiterhin. Wieder einmal wird es klar ersichtlich, wie viel Mühe und Handwerk das Team in die Stunts gesteckt hat.
Der erste «Mad Max»-Film mit Mel Gibson in der Hauptrolle erschien 1979. Seitdem ist Miller bekannt als Regisseur, der stets Wert darauf legt, so viel Action wie möglich analog zu produzieren. Der Filmproduzent Doug Mitchell erzählte im Magazin «Total Film» dazu kürzlich, dass das Team für eine spezielle 15-minütige Sequenz im neuen Film ganze 78 Tage gebraucht habe. Fast 200 Stuntleute hätten daran täglich gearbeitet.
Miller gab bei den Filmfestspielen preis, dass er es sich anfangs nicht hätte träumen lassen, überhaupt zwei der «Mad Max»-Filme zu drehen. Nun besteht die Reihe schon aus fünf Filmen und hat insgesamt mehrere Hundert Millionen Euro eingespielt (bei inzwischen allerdings auch sehr hohen Produktionskosten). Miller ist es indes gelungen, seit 1979 ein qualitatives Niveau zu halten, mit dem er immer wieder begeistern konnte. In Cannes verriet er überdies, ob Fans sich Hoffnungen auf eine weitere Fortsetzung machen dürfen. «Nun, da schlummern sicherlich noch weitere Geschichten», verkündete er. «Aber ich werde auf jeden Fall abwarten, wie dieser abschneidet, bevor wir überhaupt darüber nachdenken.»
Quellen: Mit Material der dpa.